Was tun, wenn AG Löhne regelmäßig zu spät ausgezahlt werden?

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  • Hallo!


    Ich habe mal eine Frage bzgl einer Thematik, die wohl viele kennen dürften:
    Bis vor ungefähr sechs Monaten wurden die Löhne regelmäßig am 28. des Monats überwiesen, so dass sie spätestens zum 30. oder 31. auf den Konten der AN waren. Diese Praxis hat sich allerdings ärgerlicherweise verändert, was heißt, dass die Löhne seitdem immer später überwiesen wurden (mal am 02., dann auch schon mal erst am 06. und im Mai sogar erst am 08.!). Was das für die AN bedeutet muss ich hier wohl nicht weiter erläutern. Auf Anfrage meinte der AG, dass das mit der schlechten Zahlungsmoral der Vertragspartner zusammenhinge und er nichts dagegen tun könnte. Immerhin hätten wir irgendwann ja den Lohn immer bezahlt bekommen.
    Auch wenn das zutrifft, muss ich sagen, dass ich das extrem ärgerlich finde und wollte mal fragen, was man da tun könnte?


    Dank schonmal im voraus.
    Grüße,
    Ruben

  • Hallo Ruben,


    wenn ich mich richtig entsinne, dann habe ich in einem anderen Thread von dir schon einmal gelesen, dass du BRM bist, oder irre ich mich?
    Der BR sollte sich auf jeden Fall einschalten, denn deine Kollegen und du haben Anspruch auf rechtzeitige Entgeltzahlung. Spontan fiele mir da das Mitbestimmungsrecht aus § 87 I BetrVG ein, mit dem ihr dem AG "drohen" könntet...


    Grüße,
    dillan.

  • Hallo,
    ich habe da einen Paragrafen gefunden: § 614 BGB gibt vor: "Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten."
    Grundsätzlich gilt aber zunächst immer, was im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Wenn nichts drin steht gelten Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen.
    Wenn nichts vereinbart ist gilt das Gesetz.
    Der Betriebsrat könnte doch aber sein Initiativrecht nutzen, um einen Zeitraum festzulegen, in dem die Zahlung erfolgt (z.B. bis zum 08. des Folgemonats) und mit dem Arbeitgeber zusammen eine Regelung zu finden, die auch den betrieblichen Belangen Rechnung trägt.
    Viele Grüße,
    Sybille Wasmund (Moderatorin)

  • Hallo,


    letztlich ist dem Mitarbeiter aber leider auch nicht damit geholfen, wenn er zwar verbindlich zugesagt bekommt, der Arbeitgeber aber leider nicht in der Lage ist, das Geld auszuzahlen.


    Man darf nicht vergessen, dass die verpätete Auszahlung von Lohn (Aunahmen bestätigen sicherlich die Regel) nie im Sinne des Arbeitgebers ist. Zum einen mutet man den MItarbeitern und deren Familien viel zu, wie eben schon gesagt wurde. Das motiviert natürlich auch ungemein. Im Ergebnios schneidet sich der AG damit also ins eigene Fleisch. Zumeist ist es auch so, dass Verhaltensweisen dieser Art zumeist auch nicht lange gehemin gehalten werden. Dann leidet der Ruf des Betriebes im äußeren Umfeld ebenfalls, was durchaus auch zu Kundenverlusten führen kann. Auch das wird nicht im Sinne des Unternehmers sein. Was ich damit sagen möchte, ist: Kein Chef wird einfach einmal so aus freiem Willen heraus beginnen, die Überweisungstermine schleifen zu lassen. Dass das sowohl kurz, mittel als auch langfristig zu einem (Höllen-) Ärgernis werden wird, ist eigentlich jedem klar. Dass die Zahlungsmoral in Deutschland derzeit nicht wirklich rosig ist, setze ich einfach einmal als bekannt voraus-


    In Eurem Fall wäre es vielleicht sinnvoller, sich einmal mit dem Chef zusammenzusetzen und zu versuchen, eine einvernehmliche Lösung für das Problem zu finden. Wenn es derzeit in finanzieller Hinsicht nicht anders zu machen ist, könnte man sich darauf einigen, dass zum (eigentlich) gewohnten Termin zumindest schon einmal ein Abschlag gezahlt wird und der Rest, der noch nicht vorhanden ist, zu einem späteren, ebenfalls vereinbarten Zeitpunkt nachgezahlt wird. § 87 BetrVG sieht nämlich auch die Möglichkeit vor, dass man eine Regelung in Bezug auf Abschlagszahlungen trifft.


    Ich könnte mir gut vorstellen, dass Euer Cehf Euch dieses Entgegenkommen irgendwann einmal danken wird; zu einem Zeitpunkt, zu dem der BR vielleicht einmal keine so guten Karten hat und auf die Kulanz und/oder den guten Willen des Arbeitgebers angewiesen ist. Allen Interessenkonflikten zum Trotze: Man sitzt in einem Boot > und wenn es dem Unternehmen wirlich nicht gut gehen sollte, bringt es meiner Ansicht nach nichts, hier weiteres Öl ins Feuer zu gießen.


    Über einen Kompromiss dieser Art könnte man in Situationen wie diesen wirklich besser fahren ;)

  • Hallo Sascha,


    das sehe ich genauso wie Du. Sicherlich macht es Sinn, einem angeschlagenen Unternehmen nicht noch mehr Schaden und Probleme zuzufügen, als es sowieso schon hat. Andererseits besteht meiner Ansicht aber auch stets die Gefahr, dass dem Arbeitgeber auf diese Art und Weise eine Hängematte gestrickt wird, die schnell auch zu Missbrauch anregen könnte. Wenn ich in der Situation wäre, einen solchen Kompromiss auszuhandeln, würde ich mir die Unternehmenszahlen sehr genau vorlegen lassen um abschätzen zu können, wie hoch der Bedarf an einem Entgegenkommen tatsächlich ist. Ich denke auch einmal, dass nichts anderes vonseiten der Belegschaft von einem BR erwartet wird.


    Gruß,


    Jost

  • Hallo zusammen!


    Es liegt wohl -wie gesagt- daran, dass der Chef das Geld, das ihm zugesagt wurde, oftmals nicht rechtzeitig bezahlt bekommt. Ich kann ja auch verstehen, dass das für ihn frustrierend ist und er sich fühlt, als wären ihm die Hände gebunden. Allerdings haben wir alle unsere Rechnungen zu bezahlen und ein paar Lebensmittel wären auch ganz nett...
    Die Idee mit dem Kompromiss (also, dass er zunächst einmal einen Teil derLöhne überweist) ist aber durchaus gut, das werde ich mal an ihn herantragen.


    Vielen Dank euch allen, hat wirklich weitergeholfen!
    Ruben

  • Hallo,



    ich finde die Idee auch gut. Bei dieser Diskussion muss ich immer an die Fälle im TV denken. Kaufen Kaufen, Schulden machen ; alles egal ... wer bezahlt das eigentlich alles ... mir doch egal; interessiert mich auch nicht ...


    Da fasst man sich wirklich an den Kopf. Die Zahlungsmoral in Deutschland ist wirklich nicht die, die sie einmal war und auch das Thema "Geiz ist geil" ist hier nicht zu verachten . Das merken wir Arbeitnehmer ja auch auch, wenn es wieder mal um unsere Löhne geht.


    Ich würde es sehr begrüßen, wenn man auf gesetzlicher Ebene in diesen Fällen noch härter vorgehen würde.

  • Hallo Dienstag,


    das ist sicherlich richtig. Aber das ist ja nicht überall so> ansonsten wäre die deutsche Wirtschafts schon längst zusammengebrochen. Wichtig ist, dass man wirklich sicher ist, dass die Solvenz gefährdet ist und der AG nicht versucht das Geld zwischenzuparken, damit er noch ein bischen mehr Zinsvaluta aus den Beträgen schlagen kann.


    Schönen Gruß,


    Jost

  • Jost: Ich kann mir vorstellen, dass sich aus Sicht des AN, der -zu Unrecht- auf seinen Lohn warten muss, leicht so anfühlen kann, als würde der AG da eher spekulieren als wirklich in einer Krise zu sein, aber mit solchen Verdachten wäre ich sehr vorsichtig...


    Dienstag: Ich denke, hier ist noch einmal sehr stark zu trennen zwischen Privaten, die sich teure Autos, Häuser und Klamotten (mithin Luxusgüter) "auf Pump" gönnen, und Unternehmen, die nicht funktionieren könnten, wenn sie Waren nicht auf Kredit ankaufen würden. Der sehr überwiegende Teil der Wirtschaft (sprich unserer AGs) schreibt erst nach 15 oder 20 Jahren der Firmenexistenz schwarze Zahlen...frühestens. Ein moralisches Problem ist das also oftmals nur am Rande, vielmehr meist ein durchaus existentielles...


    Grüße,
    dillan.

  • Hallo dillan,


    meiner Meinung nach muss man hier auch differenziern.

    Ich denke auch, dass dillan das nicht so gemeint hat. Natürlich ist es im kaufmännischen Bereich stets erforderlich, auch auf "Pump" zu arbeiten. ur haben die beiden schon dahingehend recht, dass die Hemmschwellen in puncto Fremdfinanzierung immer weiter sinken. Dies mag sicherlich auch daran liegen, dass die Finanzindustrie ihrerseits die Risiken, die dadurch entstehen, gerne beiseite schiebt und verharmlost. Letztlich muss jemand die Verantwortung für diese Handlungsweisen übernehmen und das sind vermehrt nicht mehr (nur) jene, die sich das Ganze eigentlich eingebrockt haben, sondern unter anderem auch die, die redlich gedacht haben, einfach nur einigermaßen pünktlich ihre Rechnungen bezahlt zu bekommen.


    Und genau diese redlichen Personen tun mir persönlich sehr leid, wobei sicher auch zu bedenken ist, dass Zahlungsausfälle heutzutage definitiv mit einzuplanen sind.


    Das ist leider so ;: jeder der dies nicht macht, wird dies irgendwann einmal bitterlich bereuen.


    Gruß,


    Lorenz

  • Hallo,


    eine Sache sollte dabei aber nicht vergessen werden: Da eine kalendermäßig bestimmte Leistungszeit vorliegt, gerät der AG, der nicht rechtzeitig zahlt und sich Forderungen auch nicht stunden lässt, erst einmal in Schulnderverzug , §§ 286 II Nr.1, § 187 BGB. Eine Mahnung muss wegen der kalendermaßigen Bestimmtheit aufgrund von § 286 II Nr.1 BGB gerade nicht ausgesprochen werden .


    Das BAG bzw. besser gesagt, der Große Senat des BAG berechnet die Verzugszinsen auf der Basis des Bruttobetrages des Arbeitsentgeltes. Es sind also auch die Beträge, die üblicherweise für Steuern und der Sozialversicherung arbeitgeberseits zu berücksichtigen sind, anteilsmäßig mit einzubeziehen . Der AG kann sich sodann auch nicht damit herausreden, dass die Lohnsteuer an sich ja erst später fällig werde und aus diesem Grunde kein Verzug begründet worden sei.


    Schönen Gruß,


    Lorenz

  • Hallo Ruben,


    im Grunde wäre das richtig, in eurem Fall allerdings dürfte sich der Betrag, den der Verzugsschaden ausmacht grundsätzlich nur um eine sehr unerhebliche Summe handeln, über die es den Stress mit dem AG (freiwillig wird er bestimmt nicht darauf eingehen) wohl nicht wert sein sollte.


    Schönes Wochenende euch allen!
    Peter

  • Hallo Rothschild.


    ja, damit hat Jost vollkommen recht.


    Das Arbeitsverhältnis stellt ein Dauerschuldverhältnis im zivilrechtlichen Sinne dar. Der Arbeitnehmer ist, wie sowohl in den §§ 611 als auch 614 BGB anklingt, dazu verpflichtet, seine Leistung in Form von Arbeit zu erbringen. Natürlich obliegen dem Arbeitnehmer auch weitere Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis in Form von Nebenpflichten, die aber in diesem Zusammenhang nicht interessieren sollen. Im Gegenzug SCHULDET der Arbeitgeber die Zahlung des dafür im Arbeitsvertrag und/oder durch Tarifvertrag festgelegten Lohns. Wenn er auf die entstandene Lohnforderung zugunsten des Arbeitnehmers nicht rechtzeitig leistet, gelangt er ebenso in Schuldnerverzug, wie jener, der dem Stormdienstleiser nicht rechtzeitig die ABschläge zahlt, der Mieter der mit der Miertzahlung beim Mieter hinterherhängt etc.


    Das BGB sieht in diesen Fällen vor, dass innerhalb des Verzuges sog. Verzugszinsen entstehen. Ferner entstehen Schadensersatzansprüche zugunsten des Arbeitnehmers, wenn er durch die verspätete Leitstung durch den Arbeitgeber einen Schaden erlitten hat. Auf diese Art und Weise soll dem Schuldner, also hier dem Arbeitgeber, der Zeitraum, in dem er mit seinen Zahlungen überfällig ist, unschmackhaft gemacht werden. Es wäre ja auch nicht gerade gerecht, wenn man auf der einen Seite einen Zahlungszeitraum vereinbart hat, sich aber eigentlich niemand daran zu halten bräuchte, da sowieso keine Sanktionen zu befürchten wären - Wie man aus dem wirtschaftlichen Tagesgeschehen entnehmen kann, ist ja die Zahlungsmoral in Deutschland, obgleich es diese §§ schon seit über 100 Jahren gibt, nicht gerade die löblich ausgestaltet ...


    Schönen Gruß,


    Lorenz

  • Hallo Lorenz.


    Danke für de ausführliche Antwort. Soweit ich mich erinnern kann, hat kein MA mir bisher erzählt, er hätte durch die späten Zahlungen einen Schaden gehabt, aber prinzipiell finde ich es nur gerecht vom Gesetzgeber, dass der AG die Kosten tragen müsste, wenn aufgrund seines "Gebummels" anderen dadurch Kosten entstehen...


    Grüße,
    Ruben

  • Hallo Rothschild,


    das kann schnell eimal passieren; so z.B. wenn die Miete mehrmals verspätet gezahlt wird. In diesen Fällen ist so mancher Vermieter "aus pädagogischen Gründen" schon einmal dazu geneigt, von seinem Recht auf Erhaltung des zusätzlichen Verzugszinses im Rahmen von § 288 BGB auch tatsächlich einmal Gebrauch zu machen .-


    Schönen Gruß,


    Lorenz

  • Hallo,


    klar: da es sich um eine schuldrechtliche Forderung handelt, ist dieser Weg durchaus gangbar. Ich denke aber, dass man damit vorsichtig umgehen sollte, da der Arbeitgeber, wenn es wirklich so sein sollte, dass ihm das Wasser bis zum Halse steht, einem das Verhalten auch schnell einmal übel nehmen könnte. Ich denke dass man es vorher mit Gesprächen versuchen sollte. Das ist immer noch der beste Weg, um zu Ergebnissen zu gelangen -



    Schöne Grüße,


    Sascha

  • Hallo,


    das mag alles durchaus sein. Aber ich weiß eines ganz genau. So gut ich mit meinem AG auch auskomme, wenn es wirklich einmal richtig ernst wird, das wäre schlagartig vorbei, wenn ich ihm so kommen würde. Wenn er sowieso wirtschaftliche Probleme bekommt und dann noch von den MAs so das Messer in der Rücken bekommt, ist man schnell einmal unten durch . Wenn es dann mal besser aussieht und der MA auf Goodwill des AG angewiesen ist, kann er sich schnell ausrechnen, dass es damit wohl nichts mehr wird.


    Ich habe mir das auch mal angeschaut. Ich glaube dass die Berechnungsmethode vor allem bei Gerichtsprozessen eine Rolle spielt, in denen fehlerhaft gekündigt worden ist oder der AG einfach einmal so Vertragsstrafen ausgesprochen hat, um das Geld bei sich zu behalten. Dort macht die Rechnerrei dann ja auch durchaus Sinn

  • Also, bei aller Liebe:
    So groß dürfte der Verzugsschaden nur gaaanz selten sein, dass es sich wirklich lohnt, dafür vor Gericht zu ziehen. Neben den Gerichts- und Anwaltskosten (Arbeitsgericht!) sollte auch bedacht werden, dass sich solche prozesse immer ewig lange hinziehen. Aber klar, wem's das wert ist...:whistling:


    Grüße,
    Jörn

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