Arbeit während der Urlaubszeit

Hallo,

wir haben unser Forum umgezogen und auf Vordermann gebracht.
Wenn ihr dieses Forum bereits genutzt habt, müsst ihr erstmalig die Passwort vergessen-Funktion benutzen.

Wir freuen uns auf weitere, spannende Themen mit Euch
  • Hallo,


    ich bin im Sommer in der Zeit, in der ich Urlaub hatte, arbeiten gegangen. Heute sagte mir jemand, dass ich das eigentlich gar nicht gedurft hätte. Wenn mein AG das herausbekommen würde, hätte er die Möglichkeit, das Urlaubsgeld, was ich von ihm gezahlt bekommen habe, wieder zurückzuverlangen.


    Kann doch nicht sein, oder ?


    Vielleicht kennt sich da ja jemand aus .


    Gruß,


    Till

  • Hallo Till,
    der Jemand hat zum Teil recht.
    Die Rechtsprechung ist der Auffassung, dass das eingeschränkte Nebentätigkeitsverbot sich aus § 8 BUrlG ergibt,
    wonach der Arbeitnehmer während des Erholungsurlaubs keine dem
    Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten darf. Die
    Vorschrift entspricht einem allgemeinen Grundsatz des Urlaubsrechts.
    Aus der Zweckbestimmung des Erholungsurlaubs folgt notwendig, dass der
    Arbeitnehmer die zu diesem Zweck ihm gewährte Freizeit nicht dazu
    verwenden darf, unter Vereitelung dieses Zwecks die Gelegenheit zu
    benutzen, durch irgendwelche Zwischenarbeiten sich etwas
    hinzuzuverdienen. Eine dem Urlaubszweck widersprechende
    Erwerbstätigkeit im Sinne des § 8 BUrlG liegt dann vor, wenn die
    Erwerbstätigkeit ein solches Ausmaß annimmt, dass sie den Urlaubszweck
    gefährdet, wenn sie also nach ihrer Art, ihrem Umfang, ihrer Schwere, Dauer oder Regelmäßigkeit ein gewisses die Erholung beeinträchtigendes Maß überschreitet. Ebenso
    wenig darf die ausgeübte Erwerbstätigkeit, um nicht gegen § 8 BUrlG zu
    verstoßen, in erster Linie und planmäßig dem Erwerb dienen. Handelt ein
    Arbeitnehmer der Pflicht nach § 8 BUrlG zuwider, während des
    gesetzlichen Mindesturlaubs keine dem Urlaubszweck widersprechende
    Erwerbstätigkeit zu leisten, begründet dies weder ein Recht des
    Arbeitgebers, die Urlaubsvergütung zu kürzen, noch entfällt damit der
    Anspruch auf Urlaubsvergütung.
    Durch tarifvertragliche Regelung kann
    ein Anspruch des Arbeitgebers auf Rückgewähr von Urlaubsentgelt nur im
    Umfang des über den gesetzlichen Mindesturlaub hinaus zu gewährenden
    Urlaubs begründet werden.
    Gruß bj

  • Hallo Till,


    die Rechtslage zu diesem Themenkreis ist nicht gerade einfach.


    Früher hätte der AG die Vergütung zurückverlangen können. Diese Rechtsprechung ist aber mittlerweile aufgegeben worden. Ebenso wird eine Kürzung als unzulässig angesehen. Es gibt zwar eine Meinungsgruppe in der Literatur, die auch heute noch fordert, dass in diesen Fällen das Entgelt zurückgezahlt werden solle. Diese konnte sich in der Praxis aber nicht durchsetzen. Nichts desto trotz ist die Regelung des § 8 BUrlG nicht zu vernachlässigen. Es ist keine Regelung, über die man sich einfach so hinwegsetzen kann. Der AG kann weiterhin Geld verlangen; und zwar in Form von Schadensersatz. Zu denken wäre in diesem Fall zum Beispiel an Fälle, in denen der Arbeitnehmer sich bei dieser anderweitigen Tätigkeit verletzt. Abgesehen davon bleibt es dem AG unbenommen, den Arbeitnehmer auf Unterlassung dieser Tätigkeit in der Urlaubszeit zu verklagen.


    Schönen Gruß,


    Lorenz

  • Nichts desto trotz ist die Regelung des § 8 BUrlG nicht zu vernachlässigen. Es ist keine Regelung, über die man sich einfach so hinwegsetzen kann. Der AG kann weiterhin Geld verlangen; und zwar in Form von Schadensersatz. Zu denken wäre in diesem Fall zum Beispiel an Fälle, in denen der Arbeitnehmer sich bei dieser anderweitigen Tätigkeit verletzt.

    Dazu habe ich mal eine Frage:
    Wenn sich jetzt jemand längerfristig bei einer Tätigkeit verletzt, die er während seines (offiziellen) Urlaubs bei einem anderen Arbeitgeber ableistet, ist der eigentliche AG nach Lohnfortzahlungsgesetz verpflichtet, weiterhin den Lohn zu bezahlen während der regulären Arbeitszeit (also, nachdem der "Urlaub" vorbei ist). Aber was passiert, wenn der AG sich darauf beruft, dass der Unfall nicht bei ihm passiert ist? Wird er dann von der Verpflichtung zur Lohnfortzahlung befreit? Und wenn dem so ist, kann der verletzte AN sich dann an den "Urlaubs-AG" wenden und von dem stattdessen Lohnfortzahlung verlangen?


    Würde mich mal extrem interessieren! (Nein, nicht aus den Gründen, die so manchem Schelm jetzt durch den Kopf gehen mag ! ;) )
    Grüße,
    Camillo

  • Dazu habe ich mal eine Frage:
    Wenn sich jetzt jemand längerfristig bei einer Tätigkeit verletzt, die er während seines (offiziellen) Urlaubs bei einem anderen Arbeitgeber ableistet, ist der eigentliche AG nach Lohnfortzahlungsgesetz verpflichtet, weiterhin den Lohn zu bezahlen während der regulären Arbeitszeit (also, nachdem der "Urlaub" vorbei ist). Aber was passiert, wenn der AG sich darauf beruft, dass der Unfall nicht bei ihm passiert ist? Wird er dann von der Verpflichtung zur Lohnfortzahlung befreit? Und wenn dem so ist, kann der verletzte AN sich dann an den "Urlaubs-AG" wenden und von dem stattdessen Lohnfortzahlung verlangen?

    Hallo Camillo!


    Ich lege meine Hand dafür nicht ins Feuer, aber ich glaube es verhält sich folgendermaßen: In aller Regel kommt der tatsächliche Hergang ja erst zu einem Zeitpunkt heraus, zu dem der "wirkliche" AG bereits den Lohn weiterhin bezahlt hat, was bedeutet, dass er den zu Unrecht gezahlten Lohn vom AN wieder herausfordern kann, denn die Tatbestandsvoraussetzung der Unverschuldetheit des Krankheitsfalls entfällt oder hat vielmehr nie bestanden. Sollte es sich nicht um Schwarzarbeit gehandelt haben, dann hat der AN wiederum einen Anspruch auf Schadensersatz (Voraussetzung ebenfalls, dass der AG, nicht der AN, für den Eintritt des schädigenden Ereignisses verantwortlich war) gegen seinen Kurzzeit-AG.
    Du siehst, dass es -wie immer- sehr stark auf den Einzelfall ankommt. Für eine konkrete Rechtsberatung musst du allerdings auf jeden Fall einen Fachanwalt einschalten!


    Grüße,
    dillan.

  • Dazu habe ich mal eine Frage:
    Wenn sich jetzt jemand längerfristig bei einer Tätigkeit verletzt, die er während seines (offiziellen) Urlaubs bei einem anderen Arbeitgeber ableistet, ist der eigentliche AG nach Lohnfortzahlungsgesetz verpflichtet, weiterhin den Lohn zu bezahlen während der regulären Arbeitszeit (also, nachdem der "Urlaub" vorbei ist). Aber was passiert, wenn der AG sich darauf beruft, dass der Unfall nicht bei ihm passiert ist? Wird er dann von der Verpflichtung zur Lohnfortzahlung befreit? Und wenn dem so ist, kann der verletzte AN sich dann an den "Urlaubs-AG" wenden und von dem stattdessen Lohnfortzahlung verlangen?


    Würde mich mal extrem interessieren! (Nein, nicht aus den Gründen, die so manchem Schelm jetzt durch den Kopf gehen mag ! ;) )
    Grüße,
    Camillo


    Hallo Amillo,
    Der Arbeitnehmer hat auch dann einen Entgeltfortzahlungsanspruch, wenn er während einer - erlaubten oder unerlaubten - Nebentätigkeit erkrankt, z. B. auf Grund eines Arbeitsunfalls (BAG, Urteil v. 7.11.1975, 5 AZR 459/74). Es gelten insofern die allgemeinen Verschuldensgrundsätze. Der Verstoß gegen ein Nebentätigkeitsverbot schließt weder den Anspruch grundsätzlich aus noch führt er zu einem anderen Verschuldensmaßstab. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer während oder infolge von Schwarzarbeit erkrankt. Dem Anspruch auf Entgeltfortzahlung steht in diesen Fällen auch nicht der Einwand des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB entgegen. Die Verteilung des wirtschaftlichen Risikos der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist im EFZG abschließend geregelt. Allein der Verstoß gegen arbeitsvertragliche, steuer- oder sozialversicherungsrechtliche Vorschriften führt nicht zu einer Veränderung des Verschuldensmaßstabs.Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Nebentätigkeit gegen gesetzliche Schutzbestimmungen verstößt, besonders gefährlich ist oder die Kräfte des Arbeitnehmers übersteigt (BAG, Urteil v. 19.10.1983, 5 AZR 195/81). Ein Ausschluss der Entgeltfortzahlung kommt auch dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer während einer Arbeitsunfähigkeit einer unerlaubten Nebentätigkeit oder Schwarzarbeit nachgeht und eine Folgeerkrankung oder Verlängerung der Krankheit auftritt. Der Verschuldensvorwurf liegt aber auch dann nicht in der unerlaubten Tätigkeit selbst begründet, sondern in dem schuldhaften Verstoß gegen Verhaltenspflichten während eines Heilungsprozesses.
    Kommentar: Dr. Barbara Reinhard


    Gruß bj

  • Hallo Blackjack, hallo Dillan!


    Vielen dank für eure Antworten, war wie gesagt nur so ein hypothetische Frage, aber es kann ja immer mal sein, dass man als BRM sich mit einer solchen Situation auseinandersetzen muss...


    blackjack: Ist das ein neuer(er) Kommentar, aus dem du zitierst? Kannte den gar nicht bisher...Kannst du den im allgemeinen empfehlen?


    Beste Grüße,
    Camillo

  • Hallo Camillo,
    der Kommentar ist nicht neu. Nur es gibt ihn nicht als Buch, sondern die Kommentare des BGB zum Arbeitsrecht habe ich mir von Seminarunterlagen sowie Fachzeitschriften zusammengesucht und als persönliche Arbeitshilfe zusammengesetzt. Die Autoren sind mit Sicherheit auch in einschlägigen Kommentaren zu finden.
    Gruß bj

  • Hallo,


    das spiegelt dann doch auch jene Rechtslage wieder, die im Bereich der Nebentätigkeiten generell gilt, oder ? Der Arbeitgeber ist nicht befugt, die Nebentätigkeit generell zu verbieten; erst wenn sie eine Schwelle des Grades übersteigt, bei dem davon ausgegangen werden kann, dass das (ich nenne es der Einfachheit einmal so) Hauptarbeitsverhältnis in Bezug auf die geschuldete Leistungserbringung in Mitleidenschaft gezogen werden könnte, muss sich der AN die Tätigkeit vom AG genehmigen lassen .


    Oder liege ich mit dieser These falsch ?

  • Hallo,


    das spiegelt dann doch auch jene Rechtslage wieder, die im Bereich der Nebentätigkeiten generell gilt, oder ? Der Arbeitgeber ist nicht befugt, die Nebentätigkeit generell zu verbieten; erst wenn sie eine Schwelle des Grades übersteigt, bei dem davon ausgegangen werden kann, dass das (ich nenne es der Einfachheit einmal so) Hauptarbeitsverhältnis in Bezug auf die geschuldete Leistungserbringung in Mitleidenschaft gezogen werden könnte, muss sich der AN die Tätigkeit vom AG genehmigen lassen .


    Oder liege ich mit dieser These falsch ?


    Moin Riko,


    dem Arbeitgeber ist kein Ermessensspielraum bei Erteilung oder Versagung der Nebentätigkeitsgenehmigung eingeräumt, vielmehr besteht ein Rechtsanspruch auf Genehmigung, wenn nicht ein Versagungsgrund wegen einer zu befürchtenden Beeinträchtigung betrieblicher oder dienstlicher Interessen vorliegt (BAG, Urteil v. 28.2.2002, 6 AZR 33/01). Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber eine Nebentätigkeit anzuzeigen, soweit dadurch dessen Interessen bedroht sind (BAG, Urteil v. 18.1.1996, 6 AZR 314/95).
    Gruß bj

  • Hallo Riko,


    eine generelle Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Zuallererst muss man sich das konkrete Arbeitsverhältnis einmal ansehen. Es kann sein, dass im Rahmen des Arbeitsvertrages oder der geltenden Tarifvertragsgestaltungen bereits eine Abrede zu diesem Thema (mit-) vereinbart worden ist. Die Klauseln sind jedoch nicht unentwegt wirksam. Stellen sie eine unangemessene Benachteiligung des AN dar, sind sie als nichtig anzusehen.


    Erst vor diesem Hintergrund stellt sich sodann die Frage, wie die Nebentätigkeit in Bezug auf die derzeit geltende Rechtslage einzustufen ist. Wichtig dabei ist, dass es sich dabei nicht um einen Nebenjob oder ein Nebengewerbe handeln muss. Auch ehrenamtliche Tätigkeiten in einem Verein können beispielsweise ausreichen, um Konflikte herbeizurufen. Nicht verbeindlich, aber als Leitfaden immerhin recht praktisch ist, sich die Tätigkeit einmal im Zusammenhang mit den Bestimmungen zur maximalen Arbeitszeit im Arbeitszeitgesetz anzusehen.


    Schönen Gruß,


    Lorenz

  • Moin BJ,


    danke für die Antwort. Das ist schon einmal sehr gut zu wissen . @ Lorenz: Danke ebenso auch Dir - das werde ich dann auch mal tun (hätte ich eigentlich auch mal selber :huh: drauf kommen können )


    Bis denne,


    Carsten

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!