Strafrechtliche Frage

Hallo,

wir haben unser Forum umgezogen und auf Vordermann gebracht.
Wenn ihr dieses Forum bereits genutzt habt, müsst ihr erstmalig die Passwort vergessen-Funktion benutzen.

Wir freuen uns auf weitere, spannende Themen mit Euch
  • Hallo, liebes Forum,


    da ich mich mit dem Strafrecht nicht auskenne, wollte ich einmal folgenden Sachverhalt in diese Forum tragen in der Hoffnung, dass eine/r von euch vll. eine Antwort weiß:



    Wenn ein GF regelmäßig
    Kolleginnen und Kollegen "nahelegt", sie möchten doch Änderungsverträge unterschreiben, welche dann Klauseln
    beinhalten, dass sie für die gleiche Bezahlung länger zu arbeiten ist o.ä.Weigern sich die betroffenen Kollegen/innen zu
    unterschreiben, droht er mit Kündigung oder anderen Sanktionen...




    Ist damit "schon" eine Nötigung (§240 StGB) verwirklicht? Kennt jemand zu der Frage irgendwelche Urteile, die hilfreich wären?



    Besten Dank jetzt schon einmal und Grüße,
    Peter

  • Hallo Peter,


    einen sehr ähnlichen Fall hat es bei uns auch einmal gegeben vor ein paar Jahren. Damals haben sich ein paar AN die Unterschreibung neuer Arbeitsverträge "nahelegen" lassen und sich dann sehr über die schlechteren Bedingungen geärgert. Glücklicherweise ist das nicht besonders häufig passiert, aber wie da die strafrechtliche Seite ausschaut bzw. ob man dagegen vorgehen kann, würde ich auch brennend interessieren.


    Liebe Grüße,
    Petra

  • Hallo Peter!


    Auch wenn der Arbeitsplatz selbstverständlich kein strafrechtsfreier Raum ist, dann halte ich in einem Fall wie den von dir geschilderten das Vorliegen eines Nötigungstatbestandes für sehr unwahrscheinlich. Es dürfte dazu spätestens an der Verwerflichkeit, genauer der sogenannten Zweck-Mittel-Relation, scheitern (Ausnahmen bestätigen sicherlich aber die Regel).
    Ein strafrechtliches Vorgehen würde aber ja auch gar nicht das erreichen, was der AN in einem solchen Fall wirklich will: In aller Regel dürfte das doch wohl die Nichtwirksamkeit des neuen Arbeitsvertrages sein. Dagegen kann durchaus auf arbeitsgerichtlichem Wege vorgegangen werden. Eine Willenserklärung, die unter Zwang ausgeübt wurde, ist nämlich anfechtbar, und der Vertrag dann rückwirkend unwirksam.


    Hoffe, ich konnte weiterhelfen.
    Freundliche Grüße,
    F.Celeste

  • Hallo,


    ich halte die Relevanz des § 240 I StGB, ebenso wie jene des § 253 I StGB (Erpressung) an dieser Stelle nicht für gegeben. Vorrangig ist hier der verfassungsrechtlich verankerte Grundsatz der Vertragsautonomie zu nennen. Es ist erst einmal so, dass die Parteien untereinander verhandeln dürfen ( und es auch sollen). Bei den Verhandlungen ist es normal, dass versucht wird, der anderen Seite das Angebot schmackhaft zu machen, auch wenn die Vorgehensweise dabei nicht immer galant ist. Darüber hinaus stellt sich die Frage eigentlich nicht. Änderungskündigungen sind vom Gesetzgeber im Rahmen des § 2 KSchG vorgesehen worden. In diesem Rahmen kann es sein, dass das Arbeitsverhältnis ein Ende findet. Daraus ist eigentlich schon zu entnehmen, dass der Gesetzgeber in diesem Fall die Verhandlungslage nicht als verwerflich einstuft.


    Schönen Gruß,


    Jost

  • Hallo, alle zusammen,


    ich finde das ziemlich unfair. Mit den Paragraphen, die Ihr nennt, kann ich noch nicht allzuviel anfangen. Aber es kann doch irgendwie nicht sein, dass der Arbeitgeber jemandem einfach so den Lohn kürzen kann indem man immer und immer wieder damit bedroht wird, dass man den Job verlieren kann ?

  • Hallo Till,


    das ist selbstverständlich ncht die feine englische Art, sicherlich nicht, aber es ist eine ganz legale Komponente in unseremRechtssystem. Dir ist es ja auch unbenommen, Deinem Mobilfunkbetreiber zu sagen: Wenn der Tarif weiterhin so teuer ist, dann kündige ich halt und gehe zur Konkurrenz. Ich denke, dass Du in diesem Fall auch recht überrascht wärst, wenn kurz danach gegen Dich wegen Nötigung ermittelt wird

  • Hallo Jost,


    klar, stimmt schon. Das wäre echt krass. Aber irgendwie muss es da doch etwas geben, das einem weiterhilft. Lohn ist eine ernste Sache. Viele müssen so ihre Familien ernähren. Ältere Menschen kriegen, wenn sie das nicht mitmachen, vielleicht keinen Job mehr. Das kann doch nicht so einfach sein ? Irgendwas ist da faul. Wir leben doch in einem Rechtsstaat ?


    Sorry - aber das regt mich gerade irgendwie auf !

  • Hallo Arbenra,


    es gibt zahlreiche Regekungen, im Arbeitsrecht, die verhindern sollen, dass es genau zu diesen Problemen kommt. Der Gesetzgeber beschränkt sich indes aber auf das Arbeitsrecht. Das Strafrecht ist ein Gesetz, welches weitrechende Konsequenzen in sich birgt. Diese sollen nicht schon innerhalb normaler Vertragsverhandlungen Wirkung entfalten. Dererlei Dinge regelt man lieber über das Kündigungsschutzgesetz, die Tarifverträge und das Betriebsratswesen. Auch die o.g. Aspekte sind hier selbstverständlich zu nennen. Es ist nun nicht so, dass der AG wirklich ungeschroen davonkommt.

  • Hallo Arbenra,


    es ist durchaus verständlich, wenn man bei diesem Thema emotional reagiert. Das spricht ja auch für den guten Menschen, der in Dir steckt ;) . Gerade für ältere Arbeitnehmer stellen derartige VErhandlungen immer auch zumeist einschneidende Erlebhnisse im persönlichen Lebenslauf dar. Dass sie sich insbesondere unter Druck gesetzt fühöen, liegt auf der Hand


    Schönen Gruß,


    Tom

  • Hallo,


    genauso sieht es aus. Man darf nicht vergessen, dass arbeitsrechtliche Prozesse durchaus kostspielig sein können. Wenn dann im Rahmen eines nicht wirksamen zustande gekommenen Aufhebungsvertrages bedingt durch persönliche Zerwürfnisse zwischen den Vertragsparteien auch noch keine Grundlage für eine Vertrauensvolle Zusammenarbeit mehr besteht, darf man auch das Thema Abfindung insb. bei mehrjährig andauernden Arbeitsverhältnissen nicht außer Acht lassen. Unterliegt der Arbeitgeber in einem solchen Prozess ist dies aufgrund der nicht unbeträchtlichen Kostenbelastung zumeist schon Strafe genug ;)


    Schönen Gruß.


    Lorenz

  • Hallo Till,


    das ist selbstverständlich ncht die feine englische Art, sicherlich nicht, aber es ist eine ganz legale Komponente in unseremRechtssystem. Dir ist es ja auch unbenommen, Deinem Mobilfunkbetreiber zu sagen: Wenn der Tarif weiterhin so teuer ist, dann kündige ich halt und gehe zur Konkurrenz. Ich denke, dass Du in diesem Fall auch recht überrascht wärst, wenn kurz danach gegen Dich wegen Nötigung ermittelt wird

    Das ist doch eher unwahrscheinlich. Hier fehlt es am Druckmittel, da der Provider nicht von einem einzelnen Kunden abhängig ist. Es kündigen ständig Leute, weil der Tarif zu teuer ist und jemand anders einen günstigeren anbietet.


    Das lässt sich mit einem Arbeitsverhältnis nicht vergleichen.


    Als Arbeitnehmer bin ich ja von meinem Arbeitgeber abhängig, da ich evtl. nicht so leicht eine andere Anstellung finde. (Evtl. ist Dir der Begriff "abhängig Beschäftigter" schonmal begegnet? ;) )


    Gruss
    Björn

  • Hallo zusammen!
    ich sehe es ähnlich wie bjoern: die Situationen sind keineswegs vergleichbar. Der Druck, den der AG auf den AN ausüben kann dürfte sich in einer völlig anderen Größenordnung bewegen als der des Mobilfunkkunden.
    Da ich kein Strafrechtler bin, weiß ich nicht, ob dies das Verhalten zu einer Nötigung macht, aber das einfach unter die Vertragsfreiheit fallen zu lassen, wird der Sache meines erachtens nicht gerecht...


    Grüße, Ruben.

  • Hallo Ruben,

    Da ich kein Strafrechtler bin, weiß ich nicht, ob dies das Verhalten zu einer Nötigung macht, aber das einfach unter die Vertragsfreiheit fallen zu lassen, wird der Sache meines erachtens nicht gerecht...

    für die Nötigung ist Gewalt (z.B. mit einer Waffe) oder ein empfindliches Übel notwendig. Das empfindliche Übel ist da, wo es um die Wahrnehmung meiner Rechte geht nicht gegeben. Als Mobilfunkkunde habe ich das Recht, den Vertrag zu kündigen.
    Beim Arbeitsverhältnis könnte man es als gegeben ansehen, da mit dem Angebot der Vertragsänderung zu schlechteren Konditionen die (möglicherweise nur unterschwelligen) Drohung der Kündigung einhergeht. Das wäre im Einzelfall zu prüfen, ein Nötigungsvorwurf gegen den Arbeitgeber ist jedenfalls der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses egal zu welchen Konditionen nicht gerade förderlich. Sprich, der AG wird irgendwann gegen den MA vorgehen wollen, der ihm die Nötigung vorgeworfen hat. Ob das dienlich ist, weiss ich nicht.


    Man muss da auch und insbesondere als BR sehr vorsichtig sein. Nätürlich könnte man den AG mal fragen, was da bezweckt wird und warum das ohne Beiziehung des BR passiert, zum Beispiel im Wege der Änderungskündigung. Offenbar versucht der AG das ja gerade zu umgehen, indem er MA "unter der Hand" anspricht und ihnen diese ungünstigeren Verträge anbietet. Dadurch macht er das zur einzelvertraglichen Vereinbarung unter Umgehung der Kündigungsanhörung.


    Gruss
    Björn

  • Hallo euch allen!


    Erst einmal vielen Dank für eure vielen aufschlussreichen Beiträge.

    Offenbar versucht der AG das ja gerade zu umgehen, indem er MA "unter der Hand" anspricht und ihnen diese ungünstigeren Verträge anbietet. Dadurch macht er das zur einzelvertraglichen Vereinbarung unter Umgehung der Kündigungsanhörung.

    Genau den Eindruck habe ich halt auch: Ohne Grund wird unser AG bestimmt nicht auf die einzelnen Kollegen zugehen. Und traurigerweise scheint es auch so, als habe er damit in der Vergangenheit durchaus Erfolg gehabt, zumindest haben alle mir bekannten Kollegen letzten Endes aus Sorge um ihren Arbeitsplatz unterschrieben. Eben gerade darum wollte ich ja wissen, ob ihm nicht auch auf strafrechtlichem Wege beizukommen ist. Vor dem Arbeitsgericht würde er mit Sicherheit auf den Vertragsfreiheitspunkt verweisen und dann hätte der klagende AN ein ziemliches Beweisproblem, denn auch wenn das Verhältnis der MA in unserem Betrieb klasse ist, dürfte sich wohl keiner wirklich darum reißen, als Zeuge gegen den eigenen AG auszusagen...


    Beste Grüße,
    Peter

  • Hallo P.Brink,


    da beißt sich die Katze indes aber selbst. Vor allem, ich denke einmal, dass Du in diesem Zusammenhang auch die Treuepflicht zugunsten des AG i.S:v. § 614 BGB vor Augen hast, eben diese auch im Strafprozess durchaus zur Debatte stehen kann, wenn man es mehr ins Detail geht und sich herausstellt, dass man auch nicht mehr genau weiß, was genau oder wie genau das denn dann doch alles war oder eben auch nicht.


    Diese Hemmnis wird in allen Gerichtsprozessen existent sein.


    Schönen Gruß,


    Jost

  • Hallo,


    an dieser Stelle mlöchte ich darauf hinweisen, dass § 123 BGB in diesen Fällen keinen umfassende Schutz bietet.


    Folgender Aspekt wird nämlich in den "Drohungsfällen" des öfteren übersehen: Die Drohung selber reicht im Rahmen des § 123 BGB NICHT aus, wenn unter Berücksichtung objektiver Umstände ein verständiger Arbeitgeber ebenfalls mit dem Arbeitsplatzverlust hätte drohen dürfen, ohne dass dies sofort zur Rechtswidrigkeit führt.


    Es ist demnach nicht sofort gesagt, dass § 123 eine Möglichkeit zur Anfechtung des Vertrages bietet sobald der AG die Möglichkeit der Kündigung in Eräwgung zieht. Hier muss indes tiefgreifender abgewogen werden, wozu zumeist eine anwaltliche Beratung sinnvoll erscheint.


    Schönen Gruß,


    Lorenz

  • Hallo Lorenz.


    stimmt schon. Dabei handelt es sich vom Sinngehalt her um Fälle, in denen eine Drohung als zulässig erachtet werden kann. Dabei kommt es auf die sog. Mittel-Zweck-Relation an. Wenn das Verhalten des AN in die Richtung geht, dass man ernsthaft darüber nachdenken muss, ob dies noch akzeptabel sein kann, muss es dem AG ja auch möglich sein, entsprechend hinweisen zu können. Wenn dem nicht der Fall wäre, bleibe ihm ja lediglich die Möglichkeit einer sofortigen Abmahnung. Soetwas kann niemand ernsthaft wollen.


    Schönen Gruß,


    Jost

  • Hallo Jost,


    das finde ich schon interessant. Das Problem ist, dasss ich glaube, dass die meisten Leute nicht in der Lage sind, abschätzen zu können, wann ihnen korrekterweise mit dem Rausschmiss gedroht wird und wann nicht.


    Andererseits muss der Arbeitgeber ja auch das Recht haben müsssen, seine Meinungen zu gewissen Punkten sagen zu können,.


    Ich denke, dass es schwierig ist, hier in jedem Fall eine ausgewogeen Lösung zu finden .


    Schönen Gruß,


    Sascha

  • Hallo Jost, Hallo Stelko,


    Ihr habt mit Euren Äußerungen ja absolut recht.


    Ich hege halt nur eine Allergie gegen, so wie es hier im Forum schon einmal betitelt worden ist: ""Gefährliches Halbwissen". Vielen lesen solche Threads leider lediglich oberflächlich durch und sind dann bei Stichwort "Drohung" sofort mit genau diesen Themen hier zur Stelle.


    Sicher ist es nicht schlecht, ein gewisses Problembewusstsein zu entwickeln und es letzztlich auch beizubehalten, wenn man, wenn sich dann einmal der Anlass bietet, auch tatsächliuch die Muße zeigt und sich mit dem Problem sodann noch einmal gewissehaft auseinandersetzt. Genau das passiert nämlich in vielen FÄllen sodann nicht.


    Damit ist in Übrogen niemand der hier Beteiligten gemeint. Im realen Leben ist mir so etwas leider schon recht häufig untergekommen.


    Schönen Gruß,


    Lorenz

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!