Rechtliche Verhinderung bei nahen Verwandten u.a.

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  • Hallo zusammen,


    wir hatten heute über mehrere Höhergruppierungen (HG) abzustimmen. Darunter waren drei HG von BR-Mitgliedern, unter anderem meine eigene, wobei ich (als stv. Vorsitzender) den Vorsitz bei der Sitzung hatte.


    Um alles korrekt zu machen, habe ich die HG der drei BR-Mitglieder an den Anfang der Sitzung gelegt und ein Ersatzmitglied geladen, das das jeweils bei seiner eigenen HG rechtlich verhinderte BR-Mitglied vertreten hat und nach diesen drei TOP die Sitzung verlassen hat. Für die Zeit, während ich selbst die Sitzung wegen meiner eigenen HG verließ, haben wir zusätzlich noch einen vorübergehenden Sitzungsleiter gewählt.


    Soweit korrekt? M.E. ja, aber ich bin nicht ganz sicher.


    Nach der Sitzung fält mir nun ein, dass unter den übrigen HG auch die meines Bruders war. Weiß jemand, ob ich für diese auch eigentlich rechtlich verhindert war?


    Wie handhabt Ihr solche Fälle generell, also auch bei eigenen HG? Ladet ihr wirklich immer Ersatzmitglieder und gehen die rechtlich Verhinderten dann auch wirklich aus dem Raum? Mir erscheint das als ein ziemlicher Affenzirkus um Abstimmungen, die letztlich eh niemals jemand anfechten wird. Ich bin da versucht, das nach dem Motto: "Wo kein Kläger, da kein Richter" zu handhaben. Wie seht Ihr das?


    Lieben Gruß
    Heinz

  • Hallo Heinz,


    das hört sich soweit schon sehr gut an, wie das bei Euch abgelaufen ist.


    Sicherlich hast Du recht. Für Außenstehende hört sich das nach einem ziemlichen Spektakel formaler Art an. Aber es ist allgemein anerkannt (und auch gefordert, dass das BR-Mitglied bei diesem Sitzungspunkt sowohl von der Abstimmung als auch von der Beratung ausgeschlossen wird. Ob das in allen Betrieb so gehandhabt wird, möchte ich an dieser Stelle mal dahinstehen lassen; aber es wird gefordert. Das Thema wurde auch schon in meherere Gerichtsverfahren behandelt und es wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass es genauso abzulaufen hat, wie es bei Euch abgelaufen ist > zB: BAG 3.8.99 AP Nr. 7 zu § 25 BetrVG 1972; 26.8.81, 23.8.84 AP Nrn 13,17 zu § 103 BetrVG 1972; BAG ArbUR 99, 351 . Es gibt eine Gegenmeinung, die den Standpunkt vertritt, dass die Beratung auch unter Anwesenheit des betroffenen BRM erfolgen kann. Die herrschende Meinung (darunter auch die Rspr) geht davon aus, dass auch die Beratung unter Abwesenheit des Mitgliedes zu erfolgen hat.


    Aus diesem Grund würde ich es so beibehalten wie Ihr es gemacht habt. Die Beschlüsse sind wirksam und man muss nicht befürchten, dass es im Streitfalle uU zu einer berechtigten Anfechtung kommen könnte. Wichtig ist also stets, dass das Ersatzmitglied sowohl bei der Beratung als auch bei der Beschlussfassung zugegen war.


    Was Deinen Bruder anbelangt: Meiner Ansicht nach vollkommen okay, dass Du dageblieben bist: Eine zeitlweilige Verhinderung liegt nur vor, wenn man von der Entscheidung des BR unmittelbar betroffen ist. Da Du, als es um Deine Person ging, den Raum verlassen hast, bist Du dieser Voraussetzung nachgekommen. Was mit Deinem Bruder passiert, wirkt sich auf Dich lediglich mittelbar aus. Wenn ich die Definition richtig deute, geht es in diesem Fall nur um Aspekte, die die eigene Person betreffen. Das ist hier aber sodann nicht der Fall.


    Schönen Gruß,


    Jost

  • Hallo,


    ich sehe das auch so. Ansonsten wären viele Probleme vorprogrammiert. Dürfte man dann für einen guten Freund abstimmen oder einen Kollegen mit dem man viel und auch gerne zu tun hat ? Wenn dies soweit gehen würde, wäre der BR nahezu handlungsunfähig. Von daher ist es natürlich gut, dass man nicht für sich selber abstimmen kann, das ist auch wichtig. Auch halte ich es für sinnvoll, dass man selber nicht an den Beratungen teilnimmt. Eigentlich ist das auch recht überflüssig, denn welchen Standpunkt man wohl vertreten wird, dürfte eigentlich klar sein :)


    Gruß,


    Lorenz

  • Hallo und danke für die bisherigen Antworten.


    Wie zu verfahren ist, ist anscheinend also "in Beton gegossen", was wir dann auch weiterhin so umsetzen werden.


    Die Sinnhaftigkeit bezweifle ich allerdings weiterhin aus verschiedenen Gründen. Dass man über einen selbst betreffende Maßnahmen nicht beraten und abstimmen soll, verstehe ich noch. Wobei "beraten" bei Höhergruppierungen m.E. schon sehr hoch gegriffen ist. Mindestens 9 von 10 Höhergruppierungen sind doch völlig korrekt und werden einfach nur einstimmig "durchgewunken".


    Da würde es m.E. völlig genügen, wenn der Betroffene nicht mit abstimmt, aber im Raum bleiben darf und auch kein Ersatzmitglied benötigt wird. Was macht es für einen Unterschied, ob das mit 9:0:0 oder mit 8:0:0 durchgeht? Und für fünf Sekunden vor die Tür zu gehen - und im Fall des Vorsitzenden auch noch jemandem per Abstimmung die Leitung zu übertragen - ist doch mal extrem formalistisch und lächerlich, oder?


    Ehrlich gesagt, das mit dem Rausgehen machen wir - bei aller sonstigen Pingeligkeit - auch nicht real, nur im Protokoll. Weil erstens niemals jemand diese Beschlüsse anfechten wird (warum denn?) und zweitens in diesem theoretischen Fall der Beweis nicht zu führen sein dürfte, dass derjenige nicht draußen war. Ok, in uneinigen Betriebsräten mag das anders aussehen.


    Ansonsten werden wir aber weiterhin pingelig sein und schön Ersatzmitglieder einladen, weil man bei denen natürlich rausfinden könnte, ob sie bei der Sitzung waren oder nicht.

  • Hallo Heinz,



    "Ok, in uneinigen Betriebsräten mag das anders aussehen. "


    genau das ist der Punkt.


    Die Vorlgaben sind allumfassend. Das sollen sie ja auch sein. Nur so ist garantiert, dass man auch bei unsicheren "Stimmungen" im BR zuverlässig Ergebnisse und Beschlüsse auf die Beine stellen kann. Ich finde es gut, dass Ihr Euch im BR gut versteht. Ich habe im Laufe der Jahre aber auch schon mit Kollegen gesprochen , bei denen das anders aussah. Gerade bei Höherstufungen kann es schnell einmal zu Missgunst kommen, gerade dann, wenn ehemalige Konkurrenten mit im Gremium sitzen. Da kann es schnell schon einmal sein, dass die Goldwaage ins Spiel kommt. Gerade dann ist es erforderlich, dass man mit den gesetzlichen Vorgaben auch weiterkommt ; das ist meiner Ansicht nach hier auf jeden Fall gegeben, da Einwände auf dieser Ebene nicht möglich sind. Wenn sich in Deutschland alle Betriebsräte untereinander gut verstehen würden, wäre die Rechtsprechung zum BetrVG mit Sicherheit nicht so umfangreich, wie sie heute ist . Zumeist lernt man den Gehalt der Vorgaben erst dann zu schätzen, wenn man damit schon einmal in der Lage war, ein Problem zu lösen, auch wenn es sich auf den ersten Blick evtl. um Formalismus handelt.


    Das ist meine Meinung dazu,


    Stelko


  • Hallo,


    ihr meint also, obwohl die gesetzlichen Vorgaben doch wohl klar definiert sind, eure eigenen Gesetze zu schaffen.


    Klasse.


    Sollte jedoch der AG gegen ein Gesetz verstossen, ob bewusst oder aus unkenntnis, seid ihr die Ersten die dagegen vorgehen.


    Von solchen Betriebsräten möchte ich nicht vertreten werden.


    Halbschwanger gibt es leider nicht.


    Gruß bj

  • Hallo Heinz,


    ich bin von eurem Vorgehen nicht ganz so schockiert wie Blackjack, aber verstehe nur bedingt, warum es denn für euch eine solch große Überwindung ist, dass die oder der Betroffene im konkreten Fall (der soooo häufig vermutlich auch nicht vorkommen dürfte) für die erforderliche Zeit vor der Tür wartet? Klar, ob das jetzt immer erforderlich ist, sei mal dahingestellt, aber eine solch unzumutbare Leistung ist es nun auch nicht und ihr wäret rechtlich auf jeden Fall im grünen Bereich.
    Meine unbedeutenden 4,3 cent...


    Gruß,
    Ruben

  • Hallo Ruben,


    wie schon gesagt; es ist eine Formsache; darüber lässt sich trefflich streiten. Nur wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, kommt es da auch nicht wieder raus. Das ist Fakt. Wenn man sich einmal den Auifwand vergegenwärtig, der dann ansteht; und auch die Förmelein, die dann anstehen, ist es eigentlich sehr ratsam, eben kurz in einer anderen Räumlichkeit frische Luft zu schnappen.


    Schönen Gruß,


    Jost

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