§15 Abs. 1 BetrVG contra AGG

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  • Hallo,


    ich weiß, das es Gründe für die Geschlechterquote gibt. Meiner Meinung nach ist das Gesetz aber schlecht gemacht, da es pauschal das Minderheitengeschlecht bevorzugt. Darf daher der § 15 BetrVG überhaupt noch angewandt werden? Er verstößt eindeutig gegen das AGG.


    Viele Grüße
    Jens Knigge

  • Er verstößt eindeutig gegen das AGG.

    Hallo Kniggej,
    worin liegt Deines Erachtens der Verstoß gegen das AGG?


    Ich habe lediglich eine Entscheidung des BAG zur Verfassungskonformität gefunden, BAG, Beschluss vom 16.03.2005, AZ 7 ABR 40/04 :
    http://juris.bundesarbeitsgeri…t.py?Gericht=bag&nr=10555
    Danach verstoßen die im BetrVG getroffene Anordnung, dass das im Betrieb vertretene Minderheitsgeschlecht entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein muss sowie der in der Wahlordnung vorgesehene Listensprung weder gegen den nach Artikel 3 Absatz 1 GG bestehenden Grundsatz der Gleichheit der Wahl, noch wird dadurch in unzulässiger Weise in die durch Artikel 9 Absatz 3 GG gewährleistete Tarifautonomie eingegriffen. Das hat das Bundesarbeitsgericht in einem Wahlanfechtungsverfahren entschieden.


    Bei der angefochtenen Betriebsratswahl in einem Nachfolgeunternehmen der Deutschen Post entfielen auf Frauen als Geschlecht in der Minderheit drei von neun Betriebsratssitze. Um diese Sitze konkurrierte die Vorschlagsliste zweier Gewerkschaften. Bei Anwendung des d'Hondt'schen Höchstzahlverfahrens entfielen auf die Liste der einen Gewerkschaft sieben Betriebsratssitze, auf die der anderen zwei Sitze. Da auf deren Liste aber keine Frauen kandidiert hatten, wurde einer der beiden auf ihre Liste entfallenden Sitze der Liste mit den sieben Vertretern zugeschlagen, so dass eine weitere Frau Betriebsratsmitglied werden konnte. Die jetzt nur noch mit einem Listenplatz vertretene Gewerkschaft wandte sich dagegen und verlangte die Berichtigung des Wahlergebnisses. Das Arbeitsgericht hat die Anträge zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat den Anträgen aber im Wesentlichen entsprochen. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats und eines Betriebsratsmitglieds hatte aber vor dem BAG Erfolg (BAG, Beschluss vom 16. März 2005, Aktenzeichen 7 ABR 40/04). Ein Anspruch auf Berichtigung des Wahlergebnisses besteht nicht, das Wahlergebnis war unter Zugrundelegung der wirksamen Regelungen in § 15 Absatz 2 BetrVG, § 15 Absatz 5 Nr. 2 WO zutreffend ermittelt worden.


    Herzliche Grüße,
    SybilleWasmund

  • Darf daher der § 15 BetrVG überhaupt noch angewandt werden? Er verstößt eindeutig gegen das AGG.


    Die erste Frage wäre ja ob das AGG überhaupt auf die Betriebsratswahlöen anwendbar ist. Ist der Betriebsrat eine "Beschäftigtenvereinigung" (das wäre der einzige Passus unter dem ich evtl. den BR ansiedeln könnte)?


    Die nächste Frage wäre dann, ob es sich hierbei tatsächlich um eine Benachteiligung des Mehrheitengeschlechtes handelt, das erscheint mir zweifelhaft da das Mehrheitengeschlecht hier erst einmal nicht schlechter behandelt wird als das Minderheitengeschelcht. Hier sooll ja nur eine Benachteiligung des Minderheitengeschlechtes verhindert werden.


    Weiterhin wäre zu prüfen ob diese mittelbare Benachteiligung nicht durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt ist.


    Ixch befürchte dass man irgendwo auf dem Weg der Prüfung stecken bleiben würde.



    Aber davon abgesehen ist diese Regelung tatsächlich ein Schmarrn und tatsächlich nicht geeignet das angedachte Ziel zu erreichen. Im Gegenteil, durch diese Regelung werden teilweise sogar angehörige des Minderheitengeschlechtes an der Mitarbeit im Betriebsrat gehindert.

  • Hallo,


    die Urteile hatte ich schon gefunden. Die Techtsprechung stammt aber aus Zeiten vor dem AGG. Die Regelungen des BetrVG sind meines erachtens nach aber einfach zu pauschal, um jetzt noch gültig sein zu können. Hier werden Wahlergebnisse lediglich aufgrund einer Zugehörigkeit zu dem einen oder anderen Geschlecht verschoben. Das jeweils andere Geschlecht wird demnach benachteiligt. Mir ist durchaus klar, was der Paragraph bezweckt, jedoch ist hier kein Sachgrund hineinformuliert worden. Und das macht die Sache so verzwickt. Der Grund ist allen klar. Er steht aber nirgendwo. Um dem halbwegs gerecht zu werden, müsste man streng genommen nach Geschlechtern getrennt wählen.


    Sinnvoll wäre es gewesen, den Sachgrund mit ins Gesetz zu schreiben und Grenzen zu ziehen. Bei uns macht die Regelung nämlich absolut keinen Sinn. Wir haben ca. 1350 Personen, davon 680 Frauen und 670 Männer. bei uns gab es in den letzten zwei Wahlen jeweils den Quotenmann. Glücklicherweise entsprach die Verteilung der Sinne dem Wahlergebnis.


    B.ruhigend schrieb, das man prüfen müsste, ob das AGG überhaupt Anwendung findet. Das wäre ein interessanter Ansatz. Aber ich muss auch sagen, das wenn ein Geschlecht bevorzugt wird, das andere immer benachteiligt wird. Und das AGG soll genau das verhindern.


    Viele Grüße
    Jens Knigge

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