Anspruch auf Zusatzurlaub?

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  • EuGH und BAG haben in ihren Urteilen nun ganz klar festgestellt, dass der gesetzliche Mindesturlaub, bei Krankheit, nicht verfallen darf.
    Es wurde hierbei aber erwähnt, dass dieses Urteil nicht auf den tariflichen Urlaub umgelegt werden kann.


    Wie verhält es sich nun aber mit dem Zusatzurlaub für SbM nach SGB IX ? Er "entspringt" ja auch einem Gesetz ...


    Ich glaube, dies ist noch Grauzone, oder ?

  • Da sehe ich keine Grauzone.


    Ein kurzer Blick in die Leitsätze des EUGH in diesem Fall:


    "1. Art.7 Abs.1 der Richtlinie 2003/88/EG (...) ist dahin auszulegen, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten nicht entgegensteht, nach denen ein Arbeitnehmer im Krankheitsurlaub nicht berechtigt ist, während eines Zeitraums, der in die Zeit des Krankheitsurlaubs fällt, bezahlten Jahresurlaub zu nehmen.


    2. Art.7 Abs.1 der Richtlinie 2003/88/EG (...) ist dahin auszulegen, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, nach denen der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei Ablauf des Bezugszeitraums und/oder eines im nationalen Recht festgelegten Übertragungszeitraums auch dann erlischt, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben war und seine Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses fortgedauert hat, weshalb er seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte.


    3. Art.7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG (...) ist dahin auszulegen, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, nach denen für nicht genommenen Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung gezahlt wird, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums und/oder Übertragungszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben bzw. im Krankheitsurlaub war und deshalb seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte. Für die Berechnung der entsprechenden finanziellen Vergütung ist das gewöhnliche Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers, das während der dem bezahlten Jahresurlaub entsprechenden Ruhezeit weiterzuzahlen ist, maßgebend."


    Was steht in der Richtlinie?


    "Artikel 7 Jahresurlaub
    (1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind.


    (2) Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden."


    Es geht also nur um den vierwöchigen Erholungsurlaub. Der Schwerbehindertenurlaub wird dadurch nicht berührt.


    Allenfalls der alte Grundsatz dass der Schwerbehindertenurlaub das Schicksal des Erholungsurlaubs teilt müsste nun vielleicht noch einmal auf den Prüfstand gestellt werden.

  • Das mit dem Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen sieht ein Urteil aus Düsseldorf aber anders... nur es läuft noch die Revision. Ich würde aber grundsätzlich davon ausgehen, dass auch der Zusatzurlaub nicht verfällt...


    Das LAG Düsseldorf hat entschieden, dass dies auch für den 5-tägigen Zusatzurlaub für Schwerbehinderte nach § 125 SGB IX gilt.
    Es hat den Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs und des Zusatzurlaubs aus einer richtlinienkonformen Auslegung des Bundesurlaubsgesetzes hergeleitet, weil
    - der Kläger im öffentlichen Dienst beschäftigt war und
    - außerdem aus einer unmittelbaren Anwendung der EG-Richtlinie.


    LAG Düsseldorf Urteil vom 02.02.2009 Aktenzeichen 12 Sa 486/06
    Gegen die Entscheidung des LAG Düsseldorf wurde Revision beim BAG eingelegt unter dem Aktenzeichen 9 AZR 128/09


    Gruß
    Berlinchen

  • :!: Hallo Zusammen,
    die Frage ist geklärt!!!!
    Der gesetzlich geregelte Zusatzurlaub für Schwerbehinderte teilt das Schicksal des Mindesturlaubsanspruchs. Er ist auch dann abzugelten, wenn der Arbeitnehmer am Ende des Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig erkrankt ist.
    So hat das BAG in seinem Urteil vom 23.03.2010 entschieden, 9 AZR 128/09.
    Der Fall: ein schwerbehinderter Arbeitnehmer war langjährig im Außendienst beim Arbeitgeber tätig. Von Anfang September 2004 bis über das Ende des Arbeitsverhältnisses Ende September 2005 hinaus war er arbeitsunfähig erkrankt.
    Im November 2005 verlangte der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber die Abgeltung der nicht genommenen Urlaubsansprüche aus den Jahren 2004 und 2005. Dieser setzte sich zusammen aus dem gesetzlichen Mindesturlaub, dem gesetzlichen Schwerbehinderten-Zusatzurlaub sowie dem tariflichen Mehrurlaub.
    Für den gesetzlichen Mindesturlaub hat das BAG die Rechtsprechung bestätigt, nach der der Arbeitnehmer einen Anspruch hat, für den gesetzlichen Schwerbehinderten-Zusatzurlaub hat das BAG ausdrücklich festgestellt, dass die neue Rechtsprechung zum Erhalt der gesetzlichen Urlaubsansprüche bei Krankheit auch hierfür gilt. :!:


    Viele Grüße,
    Sybille Wasmund (Moderatorin)

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