Dann fälschen wir uns mal ein Zeugnis…

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  • Dann fälschen wir uns mal ein Zeugnis…


    Von Wolf Reuter | 8.Oktober 2010



    Sie wollen sich bewerben. Ihren derzeitigen Arbeitgeber um ein (Zwischen-) Zeugnis zu bitten, ist Ihnen irgendwie unangenehm. Was können Sie tun?


    Der von der Rechtsprechung derzeit gedeckte Rat:


    Nehmen Sie das Firmenpapier, schreiben Sie das Zeugnis selbst und ahmen Sie darunter die Unterschrift Ihres Abteilungsleiters nach.


    Im Bewerbungsschreiben sollten Sie vielleicht noch um “Diskretion” bitten.


    Der Ratschlag wundert Sie? Sie haben strafrechtliche Kenntnisse und glauben, es handle sich hier um eine Straftat (Urkundenfälschung, § 267 StGB - mit allen Meinungsstreitigkeiten aus dem Studium zur Fotokopie)?


    Im letzten Punkt haben Sie natürlich Recht, das ist strafbar.


    Aber Sie könne es trotzdem tun, denn zumindest im Arbeitsverhältnis kann Ihnen nichts passieren. Das meint jedenfalls das Arbeitsgericht Frankfurt nach einer Pressemitteilung. Der Sachverhalt hat sich genauso zugetragen, wie oben geschildert. Allerdings hat das mit der Diskretion nicht funktioniert, die Unterlage wurden dem Abteilungsleiter zugespielt, das Unternehmen kündigte fristlos. Der Mitarbeiter klagte und - gewann.


    Die Kündigung sei unwirksam, so das Arbeitsgericht, weil es sich um außerdienstliches Fehlverhalten handle, das keinen Einfluss auf die Arbeitsleistung habe.


    Wie bitte?


    Wenn die Mitteilung stimmt, kann man nur auf ein Berufungsverfahren hoffen. Es handelt sich um ein glattes Fehlurteil. Mal abgesehen davon, dass auch eine Kündigung möglich ist, deren Anlass außerdienstlich gesetzt wird: Wer um Himmels Willen kann denn behaupten, die Fälschung eines Zeugnisses mit der Unterschrift des Abteilungsleiters berühre das Arbeitsverhältnis nicht? Ein Proberichter ohne Ambitionen auf das Richteramt? Weltfremde? Wir wissen es nicht. Gesunder Menschenverstand ist - natürlich - kein Maßstab der Rechtsfindung. Aber wenn man mal nach betrieblichen Störungen sucht (vertrauen Sie einem Fälscher?), würde man schon ein paar finden.


    Sprachlos geht es ins Wochenende…


    gefunden unter: http://www.reuter-arbeitsrecht…-uns-mal-ein-zeugnis.html


    Schönes WE


    bj

  • Hallo!


    Ein interessantes Urteil, kann mir allerdings nicht vorstellen, dass das nicht in der nächsten Instanz kassiert wird...
    Den Duktus des Verfassers hingegen finde ich nur schwer erträglich. Da deckt sich erneut das Bild, dass man von Juristen häufig hat, mit der Realität :thumbdown:


    Erholsames Wochenende,
    Ruben

  • Hallo JW,
    entweder habe ich den Sachverhalt missverstanden oder aber du hast es (glaube ich):
    Der kündigende AG war doch derjenige, bei dem der Kläger zunächst beschäftigt war. Dieser kann sich doch nicht auf eine arglistige Täuschung berufen, denn diese muss -soweit ich weiß- den AG ja zur den Arbeitsvertrag begründenden Willenserklärung bewogen haben...und für diese lag ja keine Täuschung vor. So wie ich die Dinge sehe, blieb dem AG nichts anderes üblich, als dem AN zu kündigen.
    Im übrigen finde auch ich das Urteil im Ergebnis recht befremdlich...


    Gruß,
    dillan.

  • Hallo Jost,


    die Rechtsprechung des §123 BGB ist hier nicht einschlägig. Zwar hast Du recht; eine Kündiugung außerhalb des eigentlichen Leistungsverhältnisses ist nicht der Regelfall; das stimmt. Dass sie in diesem Fall aber nicht statthaft sein soll, wundert mich indes auch. Schließlich ist hier eine Straftat begangen worden und im Bezug auf eine dauerhafte Störung des Vertrauensverhältnisses sehe ich ebenfalls keine Probleme. Ich bin auch einmal sehr gespannt, was die höhere Instanz zu diesem Fall sagen wird.


    Schönen Gruß,


    Lorenz

  • Hallo allerseits,


    danke für die Anmerkungen: Es ist so wie Du es bereits sagtest, dillan. Ich habe den Fall auf die Schnelle nicht richtig erfasst. Ich hatte mich selber schon ein wenig gewundert, dass der Fall in der Konstellation, wie ich sie vor Augen hatte, entschieden worden ist und nicht schon auf vorprozessualer Ebene gescheitert wäre.


    In Anbetracht dessen: Ich nehme alles zurück


    Schönen Gruß Euch,


    Jost

  • Der Autor hat recht, in meinen Augen.


    So gibt es z.B. Fälle. in denen Altenpflegerinnen gek+ündigt worden sind. Was hatten sie gemacht ? SIe hatten aufgrund der unhaltbaren Zustände, die durch die Sparmaßnahmen zulasten der Pflegebedürftigen in den Heimen entstanden waren, und nach mehrmaligen Hinweisen immer noch nichts passiert war, bei der Polizei angezeigt. Dabei handelt es sich ja eigentlich auch um einen Tätigkeit, die mit dem eigentlichen Leistungsverhältnis nichts zu tun hat. In diesen Fällen wurde die Kündigung als rechtmäßig angesehen, da die Arbeitnehmerinnen in diesen Fällen gegen die Treuepflicht, welche sie zugunsten ihres Arbeitgebers zu befolgen hätten, gebrochen hätten. Da ist es schon ein wenig prekär, wenn der Arbeitnehmer an dieser Stelle mit seinem Verhalten durchkommt ...

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