EuGH: Arbeitgeber hat behinderten Arbeitnehmern Verkürzung der Arbeitszeit anzubieten

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    "
    Die Verkürzung der Arbeitszeit kann als eine europarechtskonforme
    Vorkehrungsmaßnahme angesehen werden, die ein Arbeitgeber ergreifen muss,
    damit Menschen mit Behinderung arbeiten können. Hingegen kann ein nationes
    Gesetz über die verkürzte Kündigungsfrist aufgrund hoher Fehlzeiten,
    behinderte Arbeitnehmer unzulässig benachteiligen.


    Der Fall:
    Eine dänische Gewerkschaft hatte im Namen zweier Arbeitnehmerinnen
    Schadensersatzklagen wegen deren Entlassung mit verkürzter Kündigungsfrist
    erhoben.


    Das dänische Arbeitsrecht sieht vor, dass ein Arbeitsgeber den
    Arbeitsvertrag mit einer "verkürzten Kündigungsfrist" von einem Monat
    beenden kann, wenn der betreffende Arbeitnehmer innerhalb der letzten zwölf
    Monate krankheitsbedingt 120 Tage mit Entgeltfortzahlung abwesend war.
    Daneben existieren dänische Rechtsvorschriften über das Verbot der
    Ungleichbehandlung auf dem Arbeitsmarkt. Über diese wurde die europäische
    "Richtlinie über die Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf"*
    umgesetzt. Die Richtlinie schafft einen allgemeinen Rahmen zur Bekämpfung
    der Diskriminierung u. a. wegen einer Behinderung.


    Die Gewerkschaft macht geltend, dass die Arbeitgeber den beiden
    Arbeitnehmerinnen eine Arbeitszeitverkürzung hätten anbieten müssen, da bei
    ihnen eine Behinderung vorgelegen habe. Auch sei die nationale Bestimmung
    über die verkürzte Kündigungsfrist auf diese beiden Arbeitnehmerinnen nicht
    anwendbar, da ihre krankheitsbedingten Fehlzeiten auf die Behinderung
    zurückzuführen seien.


    Das vorlegende Gericht möchte u.a. wissen, ob eine Arbeitszeitverkürzung als
    angemessene Vorkehrungsmaßnahme angesehen werden kann und ob das dänische
    Gesetz über die verkürzte Kündigungsfrist gegen das Unionsrecht verstößt.


    Die Entscheidung:
    Der Gerichtshof weist darauf hin, dass eine Arbeitszeitverkürzung in Fällen,
    in denen sie es einem behinderten Arbeitnehmer ermöglicht, seine Arbeit
    weiter auszuüben, als eine geeignete Vorkehrungsmaßnahme angesehen werden
    kann. Es ist jedoch Sache des nationalen Gerichts, zu beurteilen, ob die
    Arbeitszeitverkürzung im vorliegenden Fall eine unverhältnismäßige Belastung
    der Arbeitgeber darstellt.


    Schließlich äußert sich der Gerichtshof zu der Frage, ob die nationale
    Bestimmung über die verkürzte Kündigungsfrist zu einer Diskriminierung von
    Menschen mit Behinderung führen kann. Es kann zwar nicht davon ausgegangen
    werden, dass diese Bestimmung eine unmittelbar auf der Behinderung beruhende
    Ungleichbehandlung schafft. Denn diese ist in gleicher Weise auf behinderte
    und nichtbehinderte Menschen anwendbar, die krankheitsbedingt mehr als 120
    Tage abwesend sind.


    Jedoch ist ein behinderter Arbeitnehmer einem höheren Risiko ausgesetzt,
    dass ihm gegenüber die verkürzte Kündigungsfrist angewandt wird, als
    gegenüber einem nicht behinderter Arbeitnehmer. Denn der behinderter
    Arbeitnehmer trägt ein zusätzliches Risiko, an einer mit seiner Behinderung
    zusammenhängenden Krankheit zu erkranken. Diese Bestimmung kann demnach
    behinderte Arbeitnehmer benachteiligen und so zu einer mittelbar auf der
    Behinderung beruhenden Ungleichbehandlung führen.


    Damit steht die dänische Bestimmung an sich der Richtlinie entgegensteht. Es
    sei denn, sie verfolgt ein rechtmäßiges Ziel und geht nicht über das zu
    dessen Erreichung Erforderliche hinaus. Dies zu prüfen, ist Sache des
    nationalen Gerichts ist.


    -------------------------------


    * Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines
    allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in
    Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303 vom 2.12.2000, S. 16-22).


    Quelle:


    EuGH, Urteil vom 11.04.2013
    Aktenzeichen: C-335/11, C-337/11
    Pm des EuGH Nr. 42/13 v. 11.04.2013"



    Freundliche Grüße
    F.Celeste

  • schade eigentlich, dass so etwas auch noch reguliert werden muss. Mit einer kleinen Portion gesundem Menschenverstand und Fairness wäre am zu dem gleichen Ergebnis gelangt.

    Trifft das nicht auf gut 90% der Fälle zu, die beim ArbG landen?
    Ganz ehrlich: Meine Erfahrung ist, dass es entsetzlich häufig am Ende um schlichte Eitelkeit zumindest auf einer Seite geht bzw ging...

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