Übernahme von Fortbildungskosten ohne bestehende BV

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  • Hi,
    ich bin seit kurzen erst Mitglied in unserem Betriebsrat und eine Kollegin ist mit folgenden Sachverhalt zu mir gekommen.
    In unserem unternehmen bestand bis zum 31.12.2007 eine BV, in der vereinbart wurde, das sich der Arbeitgeber an den Kosten für die Ausbildung zum Fachwirt oder Betriebswirt beteiligt. Diese BV ist zum 31.12.2007 ausgelaufen und es wurde vergessen diese zu verlängern...
    Das ist unserem BR erst in 2014 aufgefallen. Im Dezember 2014 wurde dann einen neue BV vereinbart mit dem selben Inhalt.
    Nun geht es darum das in der Zeit vom 01.01.2008 bis 2013 es unterschiedliche Handhabungen seitens der Kostenbeteiligung gegeben hat. Bei manchen Kollegen wurden ( ohne gültige BV) trotzdem Kosten übernommen, bei anderen Kollegen wurde es abgelehnt.
    Jetzt ist die Frage ob dieses Thema an sich ein Thema ist, bei dem sich der BR tätig werden kann bzw. darf.
    Ich habe dieses Thema schon mal bei unserem BR-Vorsitzenden platziert. Dort war die Aussage das es keine gültige BV gegeben hat, daher ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet sich zu beteiligen und kann es sich aussuchen ob Kosten erstattet oder nicht.
    Ich habe dabei aber ein "schlechtes" Gefühl da es an sich eine Ungleichbehandlung darstellt. Hat jemand evtl. einen Ansatz wie man sich hier verhalten kann oder soll?

  • Hallo Steini,
    ob es eine BV zu diesem Zeitpunkt gab oder nicht, ist in diesem Fall ohne Belang, da einige Arbeitnehmer ja auch ohne die BV weiter die Leistungen erhalten haben.


    Hier gelangt man nun zu den Gleichbehandlungsmaximen, die im Arbeitsrecht gelten. Niemand darf ungleich behandelt werden; AUSSER: es ist durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt.


    Je nach Praxis sollte man auch prüfen lassen, ob es nicht unter Umständen zu einer sog. betrieblichen Übung gekommen ist; also dass der Zahlungsgrundsatz auch ohne BV sozusagen gewohnheitsrechtlich im unternehmen Anerkennung gefunden hat.


    Viele Grüße,


    Sascha

  • Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist ein Gleichbehandlungsgrundsatz und kein Gleichmachereigrundsatz. Wenn der Arbeitgeber hier jedesmal eine undividuelle Entscheidung getroffen hat und hierbei keine unzulässigen diskriminierenden Kriterien angelegt hat, so darf er einzelfallbezogen auch unterschiedliche Entscheidungen treffen, ohne dass aus dieser Entscheidung anderen AN ein Rechtsanspruch erwächst. Er kann also z.B. in jedem Einzelfall entscheiden, ob die Fortbildung im Sinne des Arbeitgebers ist, oder nicht.


    Der BR kann hier nur wenig tun. Zwar dürfte es sich hierbei um Entlohnungsgrundsätze handeln und diese sind mitbestimmt, aber dazu muss der BR auch seine Mitbestimmung letztendlich einfordern. Daraus dass die Mitbestimmung letztendlich unterblieben ist, kann der AN keine Rechte ableiten.


    Eine betriebliche Übung dürfte hier auch nicht vorliegen. Bis 2007 galt eine BV, das schließt die Entstehung einer betrieblichen Übung aus. Von 2007 bis 2014 bestand keine BV, die Unterstützung wurde aber nur Teilen der Antragsteller gewährt. Auch dadurch kann dann keine betriebliche Übung entstanden sein.

  • Hallo,


    ganz so pauschal kann man es nun auch nicht beantworten:


    Selbstverständlich ist immer einzelfallbezogen vorzugehen´und richtigerweise wird so auch kein generell abstrakt wirkendes Entscheidungsdekret geschaffen.


    Für den jeweiligen Einzelfall kann aber unter Umständen auch folgendes gelten:


    Auch mit Hil­fe ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung können die aus ei­ner be­trieb­li­chen Übung fol­gen­den Ansprüche nicht wie­der be­sei­tigt wer­den, da die­se Ansprüche zum Ein­zel­ver­trag gehören und der Be­triebs­rat nicht die Rechts­macht hat, in die Ein­zel­verträge zu­las­ten sei­ner Kol­le­gen „hin­ein­zu­re­gie­ren“.
    Dies folgt aus dem Rechts­grund­satz, dass Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen nur sol­che Re­ge­lun­gen ent­hal­ten können, die im Ver­gleich zum Ein­zel­ar­beits­ver­trag für den Ar­beit­neh­mer güns­ti­ger sind (Güns­tig­keits­prin­zip). Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen können da­her nicht in ei­ner für den Ar­beit­neh­mer ungüns­ti­gen Wei­se von den Re­ge­lun­gen des Ar­beits­ver­trags ab­wei­chen und da­her auch kei­ne Be­triebsübun­gen aus­he­beln. Das gilt je­den­falls im Prin­zip, d.h. Aus­nah­men sind hier je nach­dem, wel­che Leis­tun­gen die abändern­de Be­triebs­ver­ein­ba­rung bei­behält, im Ein­zel­fall möglich.


    Grüße,


    Jost

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